Nordwestturm

Vor dem Nordwestturm haben sich die tapferen Maurersleut` lange gedrückt, zeigte er sich doch als "hohler Zahn". Lediglich die Mauerkrone wurde gesichert, um Unfallgefahren zu vermindern.

In der Ecke zwischen Außenmauer des Turmes und der Innenseite der Nordmauer (jetzt Wehrgang) prangte eine riesige Kastanie mit mehr als zwei Metern Stammdurchmesser. Die Wurzeln dieses gewaltige Baumes waren dabei, die Mauern zu zerstören. Darum musste dieser Baum gefällt werden.

Nach Vorliegen aller erforderlichen Genehmigungen ging es frisch an`s Werk: Im oberen Bereich des Baumes wurde ein Stahlseil befestigt, mit einem großen LKW verbunden, So sollte sichergestellt werden, dass der Baum nach außen in den Burggraben fällt und nicht etwa Schäden im Burginneren verursacht. Dann griff ein eigens angeheuerter Spezialist zur (West-) Kettensäge und wollte per Herzstich und Fächerschnitt den Riesen fällen. Doch plötzlich ergossen sich aus dem Inneren des Baumes hunderte Liter Wasser auf die Säge, der Baum war hohl und mit Regenwasser gefüllt. Teure Westsäge kaputt.

Daraufhin holte der Autor dieser Zeilen seine alte russische Zweimann-Kettensäge. Da entstand das Problem, dass einer der beiden "Säger" in der Ecke zwischen Turm und Außenmauer arbeiten musste. Sollte sich also der Baum "auf dem Stamm drehen" (ein Fällkeil war aus Platzgründen nicht anzubringen), so hätte der gute Mann ein echtes Problem. Kurz und gut- es hat funktioniert, der Baum kippte über die Mauer in den Wassergraben und konnte dort zerkleinert werden. Die gewaltige Wurzel wurde im "Kinderbergwerk-Verfahren" von Hand ausgegraben. Es zog sich ein mannstiefer Graben um die Wurzel, tagelang wechselten sich mehrere Männer ab, zu graben und Wurzeln abzuhacken. Schließlich konnte die Wurzel mittels Traktor ausgerissen werden und zur Oberburg und dann auf die Straße geschleift werden. Aufgeladen und ab zur Mülldeponie.

Nun stand man vor dem Problem, ein Kuppelgewölbe als Decke des Obergeschosses zu errichten, das dem Originalgewölbe des Nordostturmes weitestgehend entsprechen sollte. Also wurden telegrafenmaststarke Hopfenmasten aus Holz besorgt und im Turm positioniert. Darauf eine Schalung aus hölzernen Schaltafeln, eine Sandschüttung, die in Gewölbeform modelliert wurde. Das Ganze mit Plastikfolien abgedeckt. Darauf wurde dann kreisförmig das Gewölbe aufgemauert. Alles Material wurde per Schubkarre über die bis dahin teilweise fertiggestellte Westmauer transportiert, auf die Mauer kamen die Schubkarren per 2. Mann im "Vorspann" über eine steile Rampe. Das fertige Gewölbe wurde dann mittels Beton-Verguss stabilisiert. Der obere Abschluss wurde durch flache, im Beton verlegte Bruchsteinplatten gestaltet. Diese hatten ein Gefälle zu den Wasserspeiern hin, die das Niederschlagswasser durch die Aussenmauer hindurch ableiten, denn ein Dach konnte aus Material- und Kostengründen (bis heute) nicht aufgebaut werden.

Dann kam der spannende Moment: das Ausschalen - würde das Gewölbe halten, wie würde es dem Original gleichen?

Zunächst aber mussten die Hopfenstangen entfernt werden, eine gefährliche Aufgabe. Sie mussten zersägt werden, denn sie waren völlig eingebaut. Ein Freiwilliger machte sich mit der Kettensäge ans Werk, nach der vierten Stange segelten Schalung, Sand und Folie herunter, ohne den Mutigen zu verletzen. Das Gewölbe hielt, sah relativ gut aus, musste aber noch versäubert und teilweise verfugt werden.

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